Zurück : Infocenter : Nachricht
Mehr Zeit für Klienten, angemessene Vergütung, Qualitätssicherung
hinzugefügt am 09-03-2018
BdB fordert von künftiger Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) die sofortige Umsetzung des Koalitionsvertrages

Hamburg, 9. März 2018 – Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen gratuliert Katarina Barley zu ihrem neuen Amt als Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. „Wir freuen uns, dass mit Katarina Barley eine Gesprächspartnerin bestellt wurde, die sich in ihrer Zeit als Familienministerin bereits mit dem Themenkomplex Betreuung beschäftigt hat. Wir wünschen Katarina Barley viel Erfolg sowie stets eine glückliche Hand“, sagt der BdB-Vorsitzende Thorsten Becker. Und weiter: „Wir werden mit Katarina Barley umgehend das Gespräch zur Umsetzung des Koalitionsvertrages suchen und erwarten, dass sie die Initiativen ihres Vorgängers im Amt aufgreift und fortsetzt. Ziel ist es, bessere Rahmenbedingungen für die Berufsbetreuung zu erreichen – insbesondere im Blick auf die Themen Qualität, Zulassung zum Beruf sowie auf eine zeitnahe Vergütungsanpassung.“
Der BdB erwartet von Bundesjustizministerin Katarina Barley eine neue Gesetzesinitiative, die mit den Ländern so abgestimmt ist, dass sie nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat Zustimmung findet. Den Koalitionsvertrag haben 14 Ministerpräsidenten mitverhandelt.
CDU/CSU und SPD haben sich darin auf die Modernisierung des Betreuungsrechts verständigt:
• Die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern sollen verbessert werden.
• Das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“) soll im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden.
• Die Finanzierung der Arbeit der Betreuungsvereine soll in Zusammenarbeit mit den Ländern gestärkt werden.
• Eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer soll zeitnah beschlossen werden.
Thorsten Becker: „Diesen Worten müssen jetzt Taten folgen. Bund und Länder sind in der Pflicht.“ Elementar ist für den Verband zunächst die Forderung nach leistungsgerechter Vergütung und angemessener Arbeitszeit. Auf Grundlage der Studie des Bundesjustizministeriums zur Qualität in der Betreuung, auf die sich der Koalitionsvertrag bezieht, fordert der BdB sofort 24 Prozent mehr Zeit und 25 Prozent mehr Geld. Das sind 4,1 Stunden pro Klient und Monat sowie ein Stundensatz in Höhe von 55 Euro. Bisher stehen Berufsbetreuerinnen und -betreuern 3,3 Stunden zur Verfügung, die Arbeitsstunde wird mit maximal 44 Euro abgerechnet. Die Studie des BMJV hat belegt, dass Berufsbetreuer bereits jetzt im Schnitt 4,1 Stunden arbeiten, also pro Klient und Monat 0,8 Stunden unbezahlte Arbeit leisten.


Thorsten Becker: „Wir nehmen die Politik beim Wort und werden darauf drängen, dass aus dem ‚wollen‘ umgehend ein ‚werden‘ wird! Ohne bessere Rahmenbedingungen für unseren Berufsstand wird das System Betreuung an die Wand fahren – mit unkalkulierbaren Folgekosten für den Steuerzahler. Berufsbetreuer/innen und Betreuungsvereine sind unverzichtbar für ein selbstbestimmtes Leben unserer Klienten“, so Becker weiter. Der Verband fordert seit langem eine Berufsaufsicht und die Regelung des Berufszugangs in Form einer Kammer sowie Standards für die Arbeit. „Ziel muss die Sicherung einer qualitativ guten Betreuung für die Bürgerinnen und Bürger im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention“ sein“, sagt Thorsten Becker.

Text des Koalitionsvertrages im Wortlaut, S. 133:

Wir werden das Vormundschaftsrecht modernisieren und das Betreuungsrecht unter Berücksichtigung der Ergebnisse der jüngst durchgeführten Forschungsvorhaben in struktureller Hinsicht verbessern. Im Einzelnen wollen wir den Vorrang sozialrechtlicher Hilfen vor rechtlicher Betreuung, die Qualität der Betreuung sowie Auswahl und Kontrolle von Betreuerinnen und Betreuern, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen („Unterstützen vor Vertreten“), sowie die Finanzierung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine in Zusammenarbeit mit den Ländern stärken. Für eine angemessene Vergütung der Berufsbetreuerinnen und -betreuer wollen wir ebenfalls zeitnah Sorge tragen.